14 November 2010

Zwischen Hagel und Hitzekollaps


Nehmt Platz und nehmt euch Zeit, nach 9 Tagen Blog-Pause gibt es wieder viel zu erzählen, denn trotz 40-Stunden-Woche bleibt noch genügend Zeit für zahlreiche Erlebnisse in und um Sydney. Fangen wir kurz beim leidigen Thema Wetter an, denn das bleibt nach wie vor hinter meinen allgemeinen Erwartungen zurück, kann dafür aber bei den Kriterien Spontanität und Unberechenbarkeit punkten - der Wetterbericht ist demzufolge höchstens als Live-Berichterstattung zu gebrauchen; alles was weiter als 5-6 Stunden voraus liegt, ist reine Spekulation. Nachdem ich Ende letzter und Anfang dieser Woche praktisch täglich auf dem Rückweg von meiner Arbeit pitschnass geworden bin, habe ich mir zum ersten Mal in meinem Leben einen Regenschirm gekauft - mit Erfolg, denn seitdem ist es (fast) trocken. Bis dahin gab's nicht nur viel Wasser, sondern als Sommerspezialität auch Hagel.


Das war's aber auch schon mit schlechten Nachrichten, widmen wir uns lieber spannenden Wochenendaktivitäten. Vor einer Woche fand hier der "Red Bull Flugtag" statt, mit der Oper und der Harbour Bridge als unvergleichlicher Kulisse. Bei dem Wettbewerb für Hobby-Bastler und -Ingenieure (wobei durchaus auch Profis mitmachen) geht es darum, unmotorisiert möglichst weit von einer Rampe zu gleiten (oder fliegen, wie es manche in einem Anflug von Größenwahn nannten).


Der Wettbewerb selbst war leider wenig spannend, da praktisch alle Flugobjekte wie ein Stein von der Rampe ins Wasser gefallen sind. Da der vorderste Punkt im Wasser zählt, hat somit vermutlich das längste "Flugzeug" gewonnen, manche Piloten sind auch in weiser Voraussicht direkt abgesprungen - der Weltrekord von über 60 Metern wurde jedenfalls nicht ansatzweise gefährdet.

Ob das wohl fliegt?

Unterhaltsam war der Sonntag bei strahlendem Sonnenschein dennoch, die Leute waren gut drauf und einige "Flugzeuge" wurden mit viel Liebe zum Detail gestaltet und präsentiert.




Mein persönliches Highlight des Tages war allerdings der anschließende Besuch bei IKEA, denn im Gegensatz zu praktisch allen anderen Sachen hier regieren dort tatsächlich günstige Preise und ich hab meine Wohnung mit Kleinigkeiten wie einer Pinnwand und einer Pflanze etwas aufgewertet.

Sydney's very own Stonehenge
My neighbourhood

Die vergangene Arbeitswoche war wieder anstrengend und interessant zugleich, am Donnerstag Abend hat Patrick (mein Chef) uns (meinen Praktikumskollegen und mich) dann noch mit Tickets für ein Tennis-Match überrascht. Zu sehen gab es zwei Partien mit vier ehemaligen Champions, von denen ich ehrlich gesagt bis dahin keinen kannte (was an meinem Unwissen, nicht an deren Irrelevanz liegt). Einer der Protagonisten war John McEnroe, der wohl während seiner aktiven Zeit hin und wieder durch Unbeherrschtheiten aufgefallen war - diese Rolle wird er offenbar nicht mehr los, was während des relativ bedeutungslosen Matches zu recht bizarren Szenen geführt hat. Jede noch so kleine Chance wurde für einen (schlecht) gespielten Ausraster genutzt, dem Publikum hat's trotzdem gefallen. Tennis wurde auch gespielt und das war auch recht ansehnlich, mein Lieblingssport wird es vermutlich trotzdem nicht, insbesondere als Zuschauer.


Dieses Wochenende stand ganz im Zeichen des Strands, wobei ich am Samstag etwas zu spät dran war und statt prasselnder Sonne viel Wind und ein paar Regentropfen abbekommen habe. Mein Anlaufpunkt war Bondi Beach, der etwa 20 Minuten Busfahrt vom Stadtzentrum entfernt liegt und vermutlich auch der vollste Strand ist, man konnte aber durchaus noch ein Fleckchen für sich finden.


Strandpromenade 
Meer oder Pool?

Bei einsetzendem Regen habe ich mich dann auf den Heimweg gemacht, mir aber noch die an diesem Wochenende endende Freiluft-Kunstausstellung "Sculptures by the Sea" angeschaut. Mit moderner Kunst weiß ich bekanntlich nicht immer etwas anzufangen, einige Skulpturen waren aber schon nett anzusehen und die ganze Ausstellung war wunderschön in die Küstenlandschaft eingebunden.


Typisch Sydney (aber vermutlich kein lokales Phänomen) waren die utopischen Preise für kleine Nachbildungen der Skulpturen - während der behaarte (?), einäugige Teddy immerhin im einstelligen Tausend-Dollar-Bereich bleibt, zahlt man für das andere Kunstwerk nicht weniger als $49.000 - und dann hat man nicht einmal ein Einzelstück...


Da ich weiß, dass sich unter meinen Lesern einige Kunstinteressierte befinden, hier noch eine kleine Fotostrecke - wer nicht interessiert ist, scrollt einfach zum nächsten Textblock runter.








































Heute war ich dann zum ersten Mal tatsächlich im Wasser, beim "Stand Up Paddle Boarding" - Paddeln im Stehen auf einem etwas breiteren Surfbrett. Stromaufwärts ist das ganzschön anstrengend, macht aber viel Spaß und lässt sich im Sommer auch auf der Elbe praktizieren, fragende Blicke garantiert. In der Gruppe waren auch zwei Deutsche, einer davon aus Dresden - man trifft sie einfach überall... mit den beiden sowie einer Chinesin war ich anschließend noch in Botany Bay, einem riesigen Naturschutzgebiet an der Küste südlich von Sydney, wo vor 250 Jahren die ersten britischen Siedler, allen voran Captain Cook, angekommen sind, um den Kontinent als britische Kolonie zu erobern.



Da hat jemad sein Boot vergessen...

Damit wäre dieses Wochenende auch schon wieder rum und morgen geht es weiter im Arbeitsalltag, die nächsten Wochen bis Weihnachten werden wohl ziemlich vollgepackt mit Projekten. Ich verabschiede mich bis auf Weiteres und drück mir jetzt selbst fest die Daumen, dass das äußerst instabile Internet (eine australische Spezialität) in den kommenden zwei Stunden mitspielt und mir ein ruckelfreies Formel-1-Finalrennen ermöglicht.

Not to be forgotten, Aussie Facts Pt. V: Das Postwesen ist hier sehr unbürokratisch, um es vorsichtig auszudrücken - Pakete werden durch Klingeln an der Haustür überbracht, bei ausbleibendem Erfog ist die weitere Vorgehensweise unbestimmt - dass das Paket dann noch ankommt, ist allerdings äußerst unwahrscheinlich. Bitte schickt mir daher nichts unangekündigt, was größer als ein herkömmlicher Briefumschlag ist! Briefkastenschilder gibt es auch nicht, hier geht es nur nach Haus- und evtl. Wohnungsnummer. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Werner, der meine noch recht leere Pinnwand als erster mit einer Postkarte verziert hat :)

Hagi

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